Solwara 1 – Bergbau am Meeresboden vor Papua-Neuguinea

– Neueste Entwicklungen – 5 Jahre danach

„Tiefseebergbau ist nicht erforderlich, nicht erwünscht, nicht erlaubt!“

2018 veröffentlichten Brot für die Welt und Fair Oceans eine weithin beachtete Studie zu den Bedrohungen des Tiefseebergbaus in Papua-Neuguinea und den politischen Widerstand der Zivilgesellschaft. Die Menschen dort wollten als „Nutzer und Hüter der Meere“ nicht die ersten sein, die den Risiken einer neuen Technologie ausgesetzt werden. Die Befürchtung ist groß, dass diese Technologie eine gravierende Belastung der Meeresökosysteme darstellt und die Biodiversität der Ozeane schädigt. Zwar ist vorerst ein Versuch gescheitert, in der Bismarcksee, das als eines der artenreichsten und ökologisch wertvollsten Meeresregionen der Welt gilt, das erste Abbauvorhaben auf den Weg zu bringen. Doch es gibt Anzeichen dafür, dass ein erneuter Anlauf geplant ist.

Am 28. Juli 2023 wird der Rat der Internationalen Meeresbodenbehörde (ISA) weiter auf der Basis des UN-Seerechts über verbindliche Regeln zum Abbau von Mineralien in der Tiefsee verhandeln und entweder ein Moratorium verkünden oder aber den Startschuss für eine weitere erhebliche Belastung der Meeresökosysteme geben. Während sich die internationale Gemeinschaft auf die Hohe See konzentriert, wächst parallel die Gefahr, dass der Bergbau in der Tiefsee  in einer nationalen Wirtschaftszone gestartet wird. Bereits jetzt erwerben aktive Unternehmen über Umwege Lizenzen bei der Meeresbodenbehörde für die Hohe See und direkt bei einer Reihe von Küstenstaaten für deren nationale Wirtschaftszonen.

Vor solchen riskanten Entwicklungen warnen Bündnisse wie Pacific Blue Line und viele andere lokale und indigene Organisationen im Pazifik. Sie fordern einen generellen Stopp des Tiefseebergbaus! Mehr: https://www.pacificblueline.org/pacific-blue-line-statement

Die „Alliance of Solwara Warriors“ will verhindern und widerspricht öffentlich aktuellen Überlegungen der Regierung von Papua-Neuguinea, den Tiefseebergbau in der Bismarcksee zuzulassen.  Mehr: https://www.synchronicityearth.org/partner/alliance-of-solwara-warriors/?fwp_programme=ocean

Eine kritische Bilanz der Konflikte um den Tiefseebergbau und die Perspektiven für die Moratoriumsbewegung zieht Christoph Spehr (Fair Oceans) und ergänzt damit die Dokumentation aus dem Jahr 2018.

Die Veröffentlichung dieser kritischen Bilanz wird im Folgenden dargestellt:

Als wir diese Studie im Frühjahr 2018 abschlossen, war der Erzabbau auf dem Meeresboden durch Solwara 1 eine unmittelbar bevorstehende Bedrohung. Tiefseebergbau auf der Hohen See dagegen war ein Szenario, das irgendwo draußen am Horizont lauerte. Fünf Jahre später hat sich die Lage komplett verändert. Solwara 1 scheiterte, bevor es an den Start gehen konnte.

Die Insolvenz von Nautilus Minerals mündete in die endgültige Liquidierung des Unternehmens. Papua-Neuguinea verlor eine Menge Geld, aber die lokalen Gemeinschaften hatten sich durchgesetzt. Obwohl die Abbaulizenz für Solwara 1, die 2019 mit einer Laufzeit

von 25 Jahren vergeben wurde, nie annulliert wurde, ist nicht damit zu rechnen, dass jemand das Vorhaben an dieser Stelle noch einmal wiederbelebt.

Der neue Star des Tiefseebergbaus nach dem Ende von Nautilus Minerals wurde The Metals Company, vormals DeepGreen Metals. DeepGreen erwarb einige Lizenzen aus der Konkursmasse von Nautilus und änderte die Richtung. Statt Massivsulfiden an schwarzen Rauchern auszubaggern, will die Metals Company Manganknollen abbauen. Der Startschuss für den Tiefseebergbau soll nicht mehr in den küstennahen Ausschließlichen Wirtschaftszonen (AWZ) fallen, sondern in der Hohen See, wo der Meeresboden von der Internationalen Meeresbodenbehörde (International Seabed Authority, ISA) verwaltet wird.

Tiefseebergbau ist von einem lokalen zu einem globalen Konflikt geworden. Im Juli 2021 eskalierte der pazifische Inselstaat Nauru den Prozess bei der ISA, indem Nauru sich auf die sogenannte Zwei-Jahres-Regel berief. Wenn ein Staat beabsichtigt, bei der ISA den Abbau in einem Lizenzgebiet zu beantragen, dann muss die ISA innerhalb von zwei Jahren über den Antrag entscheiden, auch wenn sie ihr allgemeines Regelwerk noch nicht abgeschlossen hat. Gleichzeitig nahm auch die Kampagne für ein Verbot des Tiefseebergbaus – oder zumindest für ein Moratorium – verstärkt an Fahrt auf. Eine Reihe von Regierungen im Pazifik, in Lateinamerika und in Europa schlossen sich der Forderung an, ebenso mehrere global operierende Konzerne. Vermutlich wird die ISA die Entscheidung über eine Abbaugenehmigung für Nauru trotzdem verschieben und die Zwei-Jahres-Regel schlicht ignorieren.

Darin liegt möglicherweise die stillschweigende Einsicht, dass der Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis derzeit einfach nicht ausreichend ist, um zu entscheiden, ob sich Tiefseebergbau ökologisch vertreten lässt. Ob dieses Zögern den formalen Charakter eines Moratoriums annimmt; ob ein politisch gesetztes Moratorium sich auch auf die

AWZs erstreckt; ob die Lobby des Tiefseebergbaus doch innerhalb von ein oder zwei Jahren eine erste Abbaugenehmigung bei der ISA erreichen wird oder ob wir in ein unerklärtes de-facto-Moratorium eintreten, mit unbestimmter Dauer, weil einfach gar keine Entscheidung bei der ISA fällt, ist völlig offen. Dass am 4. März 2023 nach 15 Jahren eine Einigung über das Hochseeabkommen erreicht wurde, in Gestalt des Vertrages zum Schutz der marinen Biodiversität auf der Hohen See (marine biodiversity beyond national jurisdiction, BBNJ), ist zumindest ein Hoffnungsschimmer. Es kann die Position derjenigen stärken, die darauf pochen, dass es keine neuen industriellen Eingriffe auf der Hohen See geben darf, bevor nicht eine wirklich ausreichende Folgenabschätzung vorliegt.

Das Ende von Nautilus

Nautilus Minerals war stets darauf angewiesen, immerneue Finanzspritzen zu bekommen, um das Projekt Solwara 1 voranzutreiben. Als der Abbau weiter und weiter in die Ferne rückte und die geschäftlichen Aussichten immer unvorteilhafter wurden (insbesondere nach dem Vertrag mit dem chinesischen Bergbaukonzern Tongling über die Weiterverarbeitung, der Nautilus einen erheblichen Teil der zukünftigen Wertschöpfung kostete), zogen die Hauptinvestoren (die russische Metalloinvest und die omanische Mawarid/MB Holding) die Reißleine. Am Februar 2019 beantragte Nautilus Minerals beim Staatsgericht von British Columbia die Insolvenz in Eigenverwaltung. Am 9. August 2019 fand eine abschließende Gläubigerversammlung statt, unter der Regie der Consultingfirma Price Waterhouse Cooper (PWC).  Nach der vorgeschlagenen Einigung würde Nautilus „effektiv über keine Vermögenswerte mehr verfügen, und (…) liquidiert werden.“1 Das Gericht akzeptierte die Einigung. Im Januar 2020 wurde Nautilus von der Börse genommen.

Ed Kopa, das Staatsunternehmen, über das Papua-Neuguinea Teil des Joint Ventures „Solwara 1“ mit Nautilus geworden war, versuchte noch als Gläubiger zugelassen zu werden, aber das Gericht lehnte ab.2 Damit musste Papua-Neuguinea die 120 Millionen US-Dollar endgültig abschreiben, die es in Solwara 1 investiert hatte.

Das sorgte für erheblichen Unmut in der heimischen Öffentlichkeit und machte ähnliche Vorhaben in anderen pazifischen Inselstaaten sehr unpopulär. Das meiste von Nautilus’ Vermögenswerten ging an Deep Sea Mining Finance (DSMF), ein Joint Venture von Metalloinvest und Mawari/MB Holding. DeepGreen Metals, das sich ebenfalls auf Tiefseebergbau spezialisiert hatte und gleichfalls in Kanada registriert war, erwarb das ehemalige Nautilus-Tochterunternehmen Tonga Offshore Mining Limited (TOML) von DSMF. Auf diese Weise gelangte DeepGreen auch in den Besitz der Untersuchungslizenz für ein Gebiet in der Clarion-Clipperton Zone (CCZ) im Zentralpazifik, die TOML von der ISA erhalten hatte, sowie einiger Patente.3 Damit gehörten DeepGreen jetzt drei Untersuchungslizenzen in der CCZ, über drei Joint Ventures mit verschiedenen pazifischen Inselstaaten: TOML mit Tonga, Marawa mit Kiribati, und Nauru Ocean Resources Inc. (NORI) mitNauru. NORI ist das Vorhaben, für das Nauru sich im Juni 2021 auf die Zwei-Jahres-Regel bei der ISA berief.

The Metals Company: Das bessere Nautilus?

Zwischen Nautilus Minerals und DeepGreen Metals,welches sich 2021 in The Metals Company umbenannte, bestehen enge Verbindungen. Gerard Barron, seit 2017 CEO von DeepGreen bzw. seit 2021 der Metals Company, hatte zu den anfänglichen Investoren von Nautilus gehört und 2006 den Börsengang von Nautilus vorbereitet, zusammen mit David Heydon, der 2001 zu Nautilus gekommen war. Damals war Nautilus ein Startup, das nichts anderes besaß als eine Untersuchungslizenz für Solwara 1, die der Gründer von Nautilus, Julian Malnic, 1997 von Papua-Neuguinea gekauft hatte.4 Nautilus ging nicht durch einen formalen Börsengang mit Aktienangebot (initial public offering, IPO) an die Börse, sondern durch die Hintertür. Nautilus übernahm eine andere Firma, die bereits an der Börse gelistet war, Orca Petroleum, ein Manöver, das als Reverse Takeover (RTO) bezeichnet wird.5 2008 trat Heydon als CEO bei Nautilus zurück, und auch Barron verkaufte seine Anteile rechtzeitig, bevor der Aktienkurs von Nautilus seinen langen Sinkflug begann. 2011 gründete Heydon DeepGreen Metals, erneut mit Barron als Anfangsinvestor. Heydon und Barron brachten DeepGreen Metals auf dem gleichen Weg an die Börse wie zuvor Nautilus, also ohne den formalen Börsengang, sondern über die Fusion mit einem anderen, bereits börsengehandelten Unternehmen: Sustainable Opportunities Acquisition Corp (SOAC), eine in Cayman Islands registrierte Firma, die 2020 an die Börse gegangen war. SOAC war eine reine Akquisitionszweckgesellschaft (Special Purpose Acquisition Company, SPAC).6 Eine Akquisitionszweckgesellschaft, auch Blankoscheck-Gesellschaft genannt, verfolgt kein anderes Unternehmensziel als das, einem anderen Unternehmen mit einem realen Geschäftsmodell durch Fusion an die Börse zu verhelfen. Das erspart diesem nicht nur Aufwand, sondern auch Transparenz und bestimmte rechtliche Verpflichtungen, die mit einem offiziellen Wertpapierprospekt einhergehen. Mit der Fusion und dem Zugang  zum Börsenhandel änderte DeepGreen Metals seinen Namen in „The Metals Company“. 2017 wurde Gerard Barron CEO, was er bis heute geblieben ist. Barron suchte aus den Fehlern von Nautilus zu lernen. Das ökologische Argument (Tiefseebergbau leistet einen Beitrag zur Klimaneutralität, weil er kritische Rohstoffe für die Transformation bereitstellt) war bei Nautilus nie besonders glaubwürdig gewesen. Solwara 1 sollte Kupfer und Gold fördern, zwei Metalle, die sich gut recyclen lassen und von denen das erste alles andere als knapp ist und das zweite ersetzbar. Schwarze Raucher mit schwerem Gerät abzubaggern war ganz offensichtlich ein zerstörerischer Eingriff, der Sedimentwolken und giftige Metalle freisetzt und einmalige Hotspots von Biodiversität auslöscht. Der Abbau in Küstennähe brachte unweigerlich Konflikte mit lokalen Gemeinschaften und Fischern und platzierte die neue Industrie von vorneherein in ein ökologisch hochsensibles Umfeld.

DeepGreen alias The Metals Company will es anders machen. Der Abbau von Manganknollen soll, so Barron, eine sanftere Form von Bergbau gewährleisten: „Sulfide (…) erfordern schweres Gerät – große, wütende Bagger, die mir Angst einjagen. Die Maschinen die wir einsetzen sind dagegen sanfte Riesen.“7 Manganknollen könnten Nickel und Kobalt liefern, das in der Batterieproduktion für E-Autos benötigt wird, einer Schlüsselindustrie der Klimatransformation. Beim Tiefseebergbau auf der Hohen See gäbe es keine beunruhigten Nachbarn. Etwaige Folgen für lokale Gemeinschaften wären indirekt und würden sich erst spät bemerkbar machen. Dennoch haben die Probleme, mit denen The Metals Company zu kämpfen hat, eine gewisse Ähnlichkeit zu denen von Nautilus. Innerhalb der ersten Woche nach dem Börsengang begann die Aktie der Metals Company zu fallen, von 12 US-Dollar auf heute etwa 1 US- Dollar. Der unmittelbare Anlass war der Vertrauensverlust, nachdem bekannt wurde, dass ein Hauptinvestor von seinem Versprechen, sich für 200 Millionen US-Dollar einzukaufen, einen Rückzieher machte.8 Aber die Sorge, dass das Geld ausgeht, bevor der Abbau beginnt, verfolgt die Metals Company seither wie seinerzeit Nautilus. Das zentrale Projekt NORI steht und fällt mit der Abbaugenehmigung durch die ISA. Laut den Geschäftsberichten verfügt The Metals Company über genügend Liquidität bis zum Herbst 2023, also in etwa bis zum Ablauf der Zwei-Jahres-Frist bei der ISA. Auch sonst ist es zunehmend fraglich, ob The Metals Company tatsächlich die bessere Alternative zu Nautilus ist. In China wechseln die ersten E-Autos-Fabriken, einschließlich der Fabriken von Tesla, auf Lithium-Batterien, die Nickel und Kobalt durch Eisenphosphat ersetzen.

Neue Forschungen haben herausgearbeitet, dass Manganknollen möglicherweise eine spezifische ökologische Nische darstellen und eine wichtige Rolle beim organischen Kohlenstoffabbau spielen.9 Manganknollen sind wichtige Klimazeugen (Proxies), aus denen paläoklimatische Daten gewonnen werden können.10 Dass der Abbau von Manganknollen eine geringere vertikale Eingriffstiefe hat als der Abbau von Massivsulfiden, wird durch seine enorme horizontale Eingriffstiefe wettgemacht. Um kommerziell rentabel zu sein, müssten riesige Flächen am Meeresboden abgeerntet werden. 

Die Moratoriums-Bewegung

Am 27. Juni 2022, in einer Begleitveranstaltung im Rahmen der UN Oceans Konferenz (UNOC22), präsentierten Palau, die Deep Sea Conservation Coalition und der WWF die „Allianz von Staaten für ein Tiefseebergbau-Moratorium“. Fünf Jahre vorher, auf der UNOC17, hatte ebenfalls eine Veranstaltung zur Kritik des Tiefseebergbaus stattgefunden, organisiert von den pazifischen NGOs PIANGO und PANG, unter Beteiligung von Brot für die Welt und Fair Oceans – in einem sehr kleinen Raum, mit NGO-Vertretern, einem Anwalt und einem Kardinal, aber ohne dass eine staatliche Vertretung teilgenommen hätte. Die Veranstaltung 2022 fand dagegen in einer dichtbesetzten Halle statt. Surangel Whipps, Präsident von Palau, und Frank Bainimarama, Premierminister von Fidschi, forderten ein Moratorium für Tiefseebergbau, unterstützt von Samoa und derlegendären Ozeanografin Sylvia Earle. Drei Tage später, auf derselben Konferenz, sprach sich der französische Präsident Emmanuel Macron für ein regelrechtes Verbot von Tiefseebergbau aus. Mehrere Organisationen richteten Veranstaltungen aus, auf denen ein Moratorium gefordert wurde, darunter die Allianz pazifischer Parlamentarier und die Globale Parlamentarier-Erklärung für ein Tiefseebergbau-Moratorium.11

Am 17. Januar 2023 beschloss das französische Parlament den Stopp von Tiefseebergbau in französischenGewässern. Im Dezember 2022 hatte das Parlament von Französisch-Polynesien dasselbe beschlossen und damit die größte zusammenhängende AWZ der Welt,fünf Millionen Quadratkilometer, für Tiefseebergbau geschlossen. Bei der Sitzung des ISA-Rates im November 2022 unterstützte Deutschland die Forderung nach einem Tiefseebergbau-Moratorium auf der Hohen See (inzwischen auch „precautionary pause“ genannt, eine „Pause der Vorsicht“), zusammen mit Spanien, Panama und anderen Staaten. Chile, das derzeit den Vorsitz des ISA-Rates innehat, gehört schon länger zur Moratoriums Allianz. Unter den 36 Mitgliedern des ISA-Rates ist aber auch die Gegenposition vertreten, die ein Moratorium scharf ablehnt. Bei der Sitzung des ISA-Rates im Dezember 2022 wurde deutlich, dass der „mining code“, das Regelwerk der ISA für den Tiefseebergbau, nicht vor Ablauf der Zwei-Jahres -Frist für Nauru (Juni 2023) abgeschlossen werden wird. Viele Mitgliedsstaaten machten aber ebenfalls klar, dass sie keiner Abbaugenehmigung zustimmen würden, solange das Regelwerk nicht vorliegt, auch wenn das bedeuten würde, die Zwei-Jahres-Regel zu ignorieren. Norwegen etwa, das zu den Gegnern des Moratoriums gehört, ist nicht bereit über den Nauru-Antrag zu entscheiden, bevor der Mining Code vorliegt. Nauru erklärte schließlich, dass es keinen Antrag auf Abbaugenehmigung für NORI vor Juli 2023 einreichen werde.

Die Zwei-Jahres-Frist wird damit ohne Entscheidung verstreichen.12 Da die Annahme des Mining Codes eine Konsensentscheidung  erfordert, mindestens aber eine Zweidrittelmehrheit im ISA-Rat, liegt die Sperrminorität bei 13 Stimmen.13

Die kommenden fünf Jahre

Es ist derzeit nicht absehbar, ob es zu einem Tiefseebergbau-Moratorium durch die ISA oder durch die Generalversammlung der UNO kommen wird. Aber die Verhandlungen des letzten Jahres haben gezeigt, dass die ISA bereits ein eingebautes Moratorium hat. Ohne eine sehr breite Mehrheit, die zu einem Frühstart für den Tiefseebergbau in der Hohen See bereit ist, wird es keine Entscheidung geben, weder über den Mining Code noch über den Abbauantrag irgendeines Staates. Die derzeit vorherrschende Haltung, wonach es eben so lange dauert wie es dauert, kann einen Kompromiss markieren, der auf seine Weise der Tatsache Rechnung trägt, dass eine „Pause der Vorsicht“ auch ohne formale Erklärung das Richtige ist.

Das kann dazu führen, dass ungeduldige Investoren ihr Augenmerk wieder auf die AWZs richten, wenn es auf der Hohen See nicht weitergeht. Es ist daher ein sehr wichtiges Ziel für die Moratoriums-Bewegung, dass noch mehr Staaten und regionale Staatengruppen, etwa die EU, die Pazifische Inselgemeinschaft oder der Mercosur, ihre Gewässer für den Tiefseebergbau sperren.

Das Bewusstsein dafür wächst, dass die marine Biosphäre eine fragile Einheit ist, und dass der Beitrag der Meere zum Kohlenstoffzyklus komplex ist und nicht gefährdet werden darf. Abgesehen von Geschäftsinteressen, gibt es nur zwei ernsthafte Argumente für den Tiefseebergbau:

Das Ressourcen-Argument und die Sorge vieler Staaten des Globalen Südens, sich angesichts weltweiter ökonomischer Krisen und steigender Kosten für die Klimaanpassung neue Einnahmequellen erschließen zu müssen.

Die zentralen ökologischen Herausforderungen werden sich nicht lösen lassen, wenn nicht gleichzeitig die entwicklungspolitischen Herausforderungen gelöst werden.

In der Einigung über das Hochseeabkommen steckt die Idee, lieber Profite aus Wissen zu teilen als Profite aus Ressourcenabbau. In den kommenden fünf Jahren wird sich zeigen, ob diese Alternative an Kraft gewinnt.

 

Christoph Spehr, Fair Oceans, Bremen, April 2023

1 https://www.newsfilecorp.com/release/46603

2 https://resourceworld.com/nautilus-to-restructuresea- bed-mining-assets/

3 https://metals.co/deepgreen-acquires-third-seabed-contract- area-to-explore-for-polymetallic-nodules/

4 Robert Kunzig: Can Giant Robots Successfully Mine the Mile-Deep Seafloor, in: Discover, May 2009

5 Nautilus Minerals Inc.: Annual Information Form for the Fiscal Year 2014, Vancouver, 2015

6 Registration Statement, March 17th 2020, https://www.sec.gov/Archives/edgar/data/1798562/000121390020006690/ fs12020_sustainable.htm

7 Robin Hicks: “We need to mine deep-sea metals to power the energy transition”. Interview with Gerard Barron, in: eco-business. com, October 22, 2020, https://www.eco-business.com/ news/we-need-to-mine-deep-sea-metals-to-power-the-energytransition- deepgreen-ceo-gerard-barron/

8 Ortenca Aliaj: Deep sea mining group left in lurch after $200m disappears, in: Financial Times, October 20th, 2021

9 Massimiliano Molari et.al.: The contribution of microbial communities in polymetallic nodules to the diversity of the deep-sea microbiome of the Peru Basin (4130–4198 m depth), in: Biogeosciences, Volume 17, issue 12, p. 3203–3222, 2020

10 X. D. Jiang et.al.: Abyssal Manganese Nodule Recording of Global Cooling and Tibetan Plateau Uplift Impacts on Asian Aridification, in: Geophysical Research Letters, Vol. 49, issue 3, February 2022 Solwara 1 – Bergbau am Meeresboden vor Papua-Neuguinea

11 https://seas-at-risk.org/general-news/un-ocean-conference- creates-a-fair-wind-behind-deep-sea-mining-moratorium- campaign/

12 https://dsmobserver.com/2022/12/deep-sea-minings-rapid- technological-progress-is-met-with-increased-calls-for-aprecautionary- pause-at-the-closing-meeting-of-the-27th-session- of-the-international-seabed-authority/

13 Maurizio Guerrero: Opposition Grows Among Countries as Seabed-Mining Efforts Push Ahead, PassBlue, January 2, 2023, https://www.passblue.com/2023/01/02/opposition-growsamong- countries-as-seabed-mining-efforts-push-ahead/

Die gesamte Broschüre auch im Flipbook zu lesen auf unserer Webseite