Überfischung

Die Überfischung der Weltmeere stellt eine große und vielfältige Bedrohung der Meeresumwelt dar. Mehr als ein Drittel der Fischbestände gelten als überfischt, etwa zwei Drittel als maximal befischt und nur noch 7% haben das Potential stärker befischt zu werden. Die Situation in den europäischen Gewässern ist noch dramatischer. Die Industrialisierung des Fischfangs  hat dazu geführt, dass die Fischerei ihre eigene Existenz untergräbt. Immer weiter werden unseren Ozeanen und Meeren mehr Meereslebewesen entnommen, als auf natürliche Weise nachwachsen können. Auch in Europa werden die wissenschaftlich ermittelten maximalen Fangquoten überschritten. Es mangelt an politischem Willen und dementsprechend an geeigneten Kontrollinstrumenten. Die Fischbestände werden übernutzt und zu viele hochgerüstete Fischtrawler jagen den letzten ergiebigen Fischschwärmen nach. Hinzu kommt, dass die Überfischung nur eine von vielen Belastungen der Meereswelt ist und sich auch alle anderen, wie der Plastikmüll, der Klimawandel oder die Lärmverschmutzung negativ auf die Fischbestände auswirken.

Mittlerweile werden die Meeresböden der Schelfgebiete, die von den ökologischen Bedingungen her die ertragreichsten Fischgründe darstellen, durchschnittlich zweimal jährlich durch die Fischerei am Grund umgepflügt. In der Nordsee geschieht dies im Durchschnitt zwanzigmal im Jahr. Die Tiefseefischerei bringt als kurzfristigen Ersatz für die überfischten Bestände nahe der Meeresoberfläche Arten auf den Tisch, die aufgrund ihrer niedrigen Fortpflanzungsrate noch schneller zum Zusammenbruch gebracht werden können. Zudem zerstört die Tiefseefischerei sobald sie den Meeresboden erreicht auch dort die Bodenlebewesen. 2006 kamen bei wachsender Tendenz 13 Prozent der Fänge von der Hohen See und davon stammten etwa ein Drittel aus der Tiefsee. Grundschleppnetze werden bis in 2000 Meter Tiefe ausgebracht.

Die verbindliche Einführung selektiver Fangtechniken sollte ein übergreifendes Ziel der Fischereipolitik sein. Die drastische Reduzierung der Beifänge von jeglicher Art von Meeresbewohnern ist ein zentraler Schritt dahin. Ein sinnvolles Element sind hierbei Vorschriften zur Maschengröße der Netze, die dafür Sorge tragen, dass nur noch bereits geschlechtsreife Fische gefangen werden. Um eine generelle Dynamik zur Entwicklung selektiver Fangtechniken voranzutreiben, sollten alle Beifänge bis 2030 auf vergebene Quoten angerechnet werden. Dennoch entstehende Beifänge sollten in konsumierbarer Form angelandet werden müssen, wovon überlebensfähige Organismen ausgenommen werden sollten. Zu Fischmehl und -öl sollte der Beifang nur dann verarbeitet werden dürfen, wenn er für den menschlichen Konsum nicht geeignet ist. Der Zugang zu selektiven Fangmethoden muss sowohl der handwerklichen Fischerei als auch den Ländern des globalen Südens ermöglicht werden. Ergänzend sind destruktive Fischereimethoden wie das Finning bis 2020 grundsätzlich zu verbieten. Dazu zählt auch, dass das Walfang-Moratorium zu einem dauerhaften Verbot ausgebaut werden muss und Lücken in den Vereinbarungen der „International Convention for the Regulation of Whaling“ geschlossen werden sollten.

Die Aqua- und Marikultur stellen mittlerweile annähernd 50% der Konsumfische. Ganze Flotten gehen speziell für die Fischmehlproduktion auf Fangfahrt und reduzieren dabei den Bestand der so genannten Futterfische, womit sie weitreichend in die marinen Nahrungsnetze eingreifen und zunehmend für die Ernährungssicherheit im globalen Süden wichtige Fanggebiete gefährden. Der gezielte Fang von Fischen und Meeresfrüchten für die Herstellung von Fischmehl und -öl ist darum zu verbieten. Zudem verwenden die Aqua- und Marikultur verstärkt Produktionsverfahren der industriellen Massentierhaltung, die unter anderem gekennzeichnet sind durch den Einsatz von Antibiotika, (gentechnischer) Zuchtprogramme und die Zerstörung der betroffenen Küstenökosysteme. Hinzu kommen Konflikte um die lokale Landnutzung, die Gefährdung des Küstenschutzes sowie ungeschützte und schlecht abgesicherte Arbeitsverhältnisse bis hin zur Sklaverei. Eine spezifische Gesetzgebung mit geeigneten Vorgaben für die arbeitsrechtlichen Verhältnisse in Aqua- und Marikultur und deren umweltpolitische Auswirkungen muss dringend erlassen werden.

Zusätzlich zur Übernutzung der Fischbestände und zu den destruktiven Fangmethoden erhöht die illegale Fischerei den Druck auf die Fischbestände und verschärft die Überfischung. In bestimmten Regionen wie vor Westafrika ist der Anteil der illegalen Fischerei an der Fischerei erheblich.