Blaue Ökonomie
Die Ressourcenkrisen an Land sowie das Versprechen vom Blauen Wachstum lenken das ökonomische Interesse mehr und mehr auf die Meeresschätze. Von den Küsten aus werden die Meere kolonisiert und mit der Erschließung neuer mariner Ressourcenvorkommen werden echte Problemlösungen an Land noch einmal aufgeschoben. Die Idee vom scheinbar unbegrenzten Wirtschaftswachstum negiert die planetaren Grenzen auf Kosten der Ozeane und Meere. Gebraucht wird eine nachhaltige und solidarische Blaue Ökonomie, die nicht auf Wachstum setzt, sondern den Ländern des globalen Südens faire Entwicklungschancen bietet und die Ökosysteme der Meere schützt und vorausschauend agiert. Eine allgemein anerkannte Definition von Blauer Ökonomie existiert bisher nicht. Die Konzepte und Strategien, die mit diesem Begriff in Verbindung stehen, sind häufig sehr verschieden, wenn nicht sogar konträr. Für die einen bedeutet „Blaue Ökonomie“, dass das Meer nun im Zentrum der Nachhaltigkeitsdebatte steht und für andere ist es ein (beschönigender) Begriff für eine verstärkte kommerzielle Ausbeutung der Meere und ihrer Ressourcen. Nach unserer Definition steht die Blaue Ökonomie im Einklang mit den Zielen globaler nachhaltiger Entwicklung. Sie ist eine Weiterentwicklung und Präzisierung der Grünen Ökonomie und basiert auf deren Prinzipien: kohlenstoffarm, ressourceneffizient, sozial inklusiv, risikominimierend, ökologische Knappheit vermeidend. Sie bezeichnet eine globale Lebens- und Wirtschaftsweise, die nachhaltige Entwicklung erreicht, indem sie
- die Auswirkungen aller menschlichen Aktivitäten (land- wie seegestützter) auf Meere und Küstenzonen ökosystemar und vorsorgend betrachtet und negative Auswirkungen minimiert bzw. vermeidet. Allem voran den anthropogenen Klimawandel;
- den fundamentalen ökologischen Beitrag der Meere und Küstenzonen zum Klimaschutz, zum Küstenschutz und zur biologischen Produktivität, Stabilität und Diversität erhält und wiederherstellt;
- den nachhaltig möglichen Beitrag der Meere und Küstenzonen zur menschlichen Ernährungssicherheit erreicht (durch nachhaltige Fischerei auf der Grundlage von MSY);
- den Beitrag der Meere und Küstenzonen zur regenerativen Energieversorgung und zur Erholung steigert, innerhalb nachhaltiger Grenzen;
- für die Nutzung der Meere als Transportwege die Schadstoffeinträge und den fossilen Treibstoffverbrauch drastisch vermindert sowie durch den Aufbau einer nachhaltigen, an die Küstenökosysteme angepassten, maritimen Verkehrsinfrastruktur im globalen Süden einen Beitrag zu einem gerechteren Welthandel leistet;
- auf die Entnahme nicht-erneuerbarer Ressourcen aus Meeren und Küstenzonen verzichtet (insbesondere die Entnahme fossiler und mineralischer Ressourcen);
- prioritär auf ein Management von Meer- und Küstenzonen durch die lokale Bevölkerung setzt, dafür demokratische, transparente und nicht-diskriminierende Verfahren sicherstellt und kollektiv die erforderlichen Ressourcen bereitstellt;
- die Nutzung der Meere und Küstenzonen zur Verlängerung nicht-nachhaltiger Wirtschaftsaktivitäten und Lebensmuster und damit zur Untergrabung notwendiger Übergänge (zu Kreislaufwirtschaft, nicht-fossiler Energie, nachhaltigem Konsum) ausschließt;
- die Wahrung traditioneller Rechte und einen freien Zugang zu den Ozeanen und Meeren als Gemeingut sicherstellt.