KERNFORDERUNGEN FÜR EINE ZUKUNFTSFÄHIGE MEERESPOLITIK
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Das Meer ist weit mehr als nur eine ungeheure Ansammlung von Wasser. Es kann Träume wecken und erscheint voller unentdeckter Orte mit Raum für Utopien. Seine verborgene Seite schuf Legenden und schürte die Furcht vor dem Unbekannten während sie zur gleichen Zeit die Sehnsucht erzeugte gerade dieses Unbekannte zu erkunden – hier Unterwasserstädte und dort Monsterkraken. Heute werden die Ungeheuer in der Tiefe in das Reich der Mythen verbannt und es bleiben die Verheißungen von unendlichen Ressourcenquellen und unermesslichen Reichtum.
Als der französische Schriftsteller Jules Verne 1884 „20.000 Meilen unter dem Meer“ schrieb, schuf er einen Klassiker der fantastischen Literatur. Im besten Stil des Science-Fictions ließ er Kapitän Nemo mit dessen futuristischem U-Boot Nautilus in die unbekannten Tiefen der Meere eintauchen und bis dahin scheinbar unüberwindbare Grenzen überschreiten. Der Roman entstand zu einer Zeit, als das Forschungsschiff HMS Challenger die erste weltumspannende Reise zur Erkundung der Tiefsee abgeschlossen hatte. Es waren erste Schritte auf dem Weg dahin, unser Verständnis von den Ozeanen grundlegend zu verändern.
Annähernd 100 Jahre später legte Elisabeth Mann Borgese dem Club of Rome ihren Bericht „Die Zukunft der Weltmeere“ vor. Auch ihre Arbeit veränderte die Perspektive auf die Ozeane. Generell forderte sie eine Politisierung, eine Demokratisierung des Verhältnisses zum Meer. Eine umweltpolitisch verantwortliche und global gerechte Meerespolitik war ihre Utopie. Energie, Rohstoffe und Nahrung aus den Ozeanen sollten die Probleme der Menschheit lösen.
Inzwischen ist die Erschließung der Meere kontinuierlich vorangeschritten. Insbesondere seit der Jahrtausendwende hat die weltweit wachsende Nachfrage nach natürlichen Ressourcen eine drastische Ausweitung der Unternehmungen auf See befördert. Ohne die marinen Quellen erscheinen die Energie-, Rohstoff- und Nahrungssicherheit schon heute kaum noch zu gewährleisten zu sein. Die ökonomische und politische Bedeutung der Ozeane und Meere hat entsprechend deutlich zugenommen.
Neue maritime Strategien werden in Blauen Büchern zusammengefasst und Wirtschaftsprogramme für Blaue Ökonomien werden entworfen. Die Meere werden zu den letzten Kolonien und ihre Nutzung erreicht ein neues Level, sie wird industrialisiert. Über lange Zeit sind die Ozeane lediglich ein Verkehrsweg und ein Rohstofflager gewesen. Netze und Harpunen kratzten an ihrer Oberfläche. Nun wird mehr und mehr ein Produktionsstandort aus ihnen. Die Geschwindigkeit der Erschließung neuer Meeresgebiete und der Einführung neuer Nutzungsmethoden erhöht sich stetig. Wir dringen tiefer in sie vor und erkunden jeden ihrer Winkel. Unser Verständnis von den Ozeanen und Meeren wandelt sich grundlegend. Zugleich verschlechtert sich die Umweltsituation auf See drastisch und die Konflikte um die lukrativen Meeresschätze verschärfen sich. Alte Fehler, die an Land gemacht wurden, scheinen sich jetzt auf See zu wiederholen. Die Überfischung schreitet ungebremst voran. Die Klimafolgen bedrohen die Küsten, ihre Ökosysteme und Siedlungen.
All dies macht die Meere zu einem überaus politischen Ort und zu einem Ort an dem derzeit wesentliche Weichenstellungen für unsere Zukunft getätigt werden. Entscheidungen mit weitreichenden Auswirkungen, denn kaum ein Ort ist von seinem Charakter her so global wie die Ozeane. Meerespolitik ist Weltpolitik – oder, wie es in den Glanzzeiten der Hamburg-Amerikanischen Packetfahrt-Actien-Gesellschaft [Hapag] hieß, „Mein Feld ist Welt“. Doch zu oft wird die entwicklungspolitische Dimension vernachlässigt, die mit den maritimen Prozessen einhergeht. Gemeinschaftliche und traditionelle Nutzungskonzepte drohen ins Hintertreffen zu geraten und von den neuen Industrien verdrängt zu werden. Je ärmer die Küstengemeinden sind und umso abhängiger ihre Existenzgrundlagen von intakten Meeresökosystemen sind, umso größer ist deren Betroffenheit durch die Zerstörung der Meeresumwelt. Die Ernährungssicherheit ist in vielen Ländern des globalen Südens ohne die Fischerei undenkbar. Schon jetzt sterben entlang der Küsten der Entwicklungsländer durchschnittlich deutlich mehr Menschen an den Folgen maritimer Katastrophen als im globalen Norden. Die Ökonomien der über 50 Kleinen Inselentwicklungsländer sind angewiesen auf eine nachhaltige Meerespolitik und eine effektive globale Zusammenarbeit, gerade mit Blick auf den Klimawandel.
Fair Oceans will mit dieser Webseite die Vielschichtigkeit der Meerespolitik veranschaulichen und ihre entwicklungspolitische Dimension in den Blick rücken. Eigene Positionen und Aktivitäten sollen vorgestellt werden und dazu motivieren selbst tätig zu werden und die Veränderungen auf See mitzugestalten. Interessierten stellt die Seite Hintergrundmaterial zur Verfügung und eröffnet ihnen Kontakte um sich zu vernetzen.
Dem Verständnis unseres Arbeitsschwerpunktes Fair Oceans und der meerespolitischen Projekte unseres Vereins für Internationalismus und Kommunikation e.V. [IntKom] nach ist das Meer nicht irgendwo da draußen, kein romantischer Naturraum, sondern ein unmittelbarer Bestandteil sozialer und politischer Prozesse im Rahmen der Globalisierung. Deshalb wollen wir den Blick mit dieser Webseite und unseren Projekten auf das Meer hinaus lenken und laden dazu ein sich an unseren Kampagnen zu beteiligen und dieses Forum mitzugestalten.
Fair Oceans fordert gemeinsam mit anderen Nicht-Regierungsorganisationen, Kirchen, der lokalen Bevölkerung im Pazifik, Vertreter*innen der internationalen Zivilgesellschaft und verschiedenen Wissenschaftler*innen die Einstellung der Vorhaben zum Tiefseebergbau.
Als Mitinitiatoren des Bündnisses „Fair übers Meer“ setzen wir uns dafür ein, dass der Faire Handel die Arbeitsbedingungen der Seeschifffahrt mit einschließt. Wir fordern eine gerechte Entlohnung der Seeleute, menschenwürdige Arbeitsbedingungen an Bord und die Einhaltung ökologischer Standards!
Wir unterstützen die konsequente Umsetzung der Richtlinien der Welternährungsorganisation zum Schutz der Kleinfischerei. Der handwerklichen Fischerei muss Vorrang gewährt werden, illegale Fischerei muß bekämpft werden und die Zukunft der Küstengemeinden muss gesichert werden!